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Wort / Word
Gedanken, Ges(ch)ichtetes und Gedichtetes / Thoughts, (spotted) stories and poetry

Über (meine Perspektive auf) Neurodivergenz oder: Hochfrequent-nichtlinear oder auch: Löcher in der Kaffeefiltertüte

Es ist Februar 2025. Am 29. dieses Monats im vergangenen (Schalt)jahr endete der Vertrag mit meinem letzten Arbeitgeber und ich begann nur vier Tage darauf eine fünfwöchige, psychosomatische Reha in Bad Segeberg. Seit eben dieser befinde ich mich in einem persönlichen Prozess des Résumés und der Neuausrichtung – bzw. auf einer Art Rückkehr zu mir selbst. Der Status meines LinkedIn-Profils lautet daher aktuell auch “März 2024 – Heute: Gesundheit und Wohlbefinden/Berufliche Auszeit”.
Im Mittelpunkt dieses ganzheitlichen Prozesses steht das Phänomen der Neurodivergenz. Der Begriff bezeichnet ein Konzept, welches neurobiologische, also Nervensystem basierte Unterschiede zwischen Menschen als individuell ansieht, respektiert und innerhalb eines Spektrums einordnet.(1) Er steht dem Begriff Neurotypisch gegenüber, welcher wiederum Menschen meint, deren neurobiologische Entwicklung als “normal” betrachtet wird.(2)
Ganz allgemein kann man also sagen, dass neurodivergente Menschen die Welt auf eine etwas andere Weise wahrnehmen, als neurotypische.
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Neurodiversität
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Neurotypisch

Auch bei mir schien, im Vergleich zu den allermeisten anderen Menschen, die Wahrnehmung über meine fünf Sinne schon immer etwas sensibler und dadurch intensiver zu sein. Für die Stimmung von bzw. zwischen Menschen hatte ich auch schon immer sehr feine Antennen. Und die Art meines Denkens war ebenso immer schon alles, aber bestimmt nicht ausschließlich geradlinig.
Was ich heute so klar formuliere und eindeutig als Stärke begreife, fiel mir in früheren Jahren durchaus schwer zu erkennen, geschweige denn wertzuschätzen. Sensibel zu sein, war für mich als männlich identifizierte Person lange Zeit mit Scham und daher mit einem großen Makel behaftet. Folglich ist Neurodivergenz als Erklärungsmodell für mich auch von enorm großem Wert. Fühle ich mich dadurch doch auf meinem mittlerweile Jahrzehnte andauernden Forschungs- und Erkenntnisweg nun endlich auch auf Basis wissenschaftlicher Fakten absolut bestätigt und bestärkt. Da die individuelle Wahrnehmung in all ihren Facetten letztlich auf die hochkomplexe Wirkweise des menschlichen Nervensystems zurückzuführen ist, kann ich mir mein, lange Zeit mitunter für mich selbst über weite Strecken rätselhaft spezielles Verhalten nun gut und schlüssig erklären – und fühle mich dadurch endlich nicht mehr seltsam. Oder um es mit den Worten der Bestseller-Autorin Verena König zu sagen: “Alles, was du fühlst, ergibt Sinn.”

Meine Erfahrungen und Erkenntnisse möchte ich sehr gerne nutzen, um sie mit anderen zu teilen und so, im besten Fall gemeinschaftlich, etwas Schönes und Heilsames daraus zu entwickeln und in diese Welt zu bringen. Da ich an die wirksame Kraft der positiven Bilder glaube, könnte dabei bspw. die Kunst, in ihren unterschiedlichsten Formen, ein wunder- und nahbarer sowie inspirierender Vermittler sein.
Der folgende Text soll hierfür einen Anfang machen. Ich möchte in ihm – optimalerweise interessant und gut nachvollziehbar – beschreiben bzw. darüber aufklären, wie es ist, die Welt aus (m)einer neurodivergenten Perspektive wahrzunehmen. Es ist eine Premiere für mich als Autor eines solch persönlichen Inhalts, der nun auch öffentlich zugänglich und damit der Möglichkeit von Bewertung ausgesetzt ist. Dementsprechend bin ich schon ein ganz klein wenig nervös. Aber was sollte schon großartig schief gehen? Beginnt nun doch, nach aller langwierigen Detektivarbeit, der zweite, sicherlich eindeutig lebhaftere, weil zunehmend durch zwischenmenschlichen Austausch bestimmte Teil meiner überaus spannenden Reise!


Wie bereits erwähnt, ist das Nervensystem von immens wichtiger und zentraler Bedeutung, um neurodivergente Wahrnehmung zu verstehen. Es ist die Basis aller menschlichen Wahrnehmung. In seinen grundlegenden Funktionen wird unterschieden zwischen dem einerseits somatischen Nervensystem, das die bewusst ablaufenden Körperfunktionen steuert, wie z.B. bewusste Bewegungen; und andererseits dem vegetativen Nervensystem (oder auch autonomen Nervensystem), das die unbewusst ablaufenden Körperfunktionen steuert, wie z.B. den Herzschlag.
https://flexikon.doccheck.com/de/Nervensystem

Sensibel oder auch feinfühlig zu sein für etwas oder für jemanden, gilt in unserem (westlichen) Kulturkreis gemeinhin eher als Schwäche. Dabei meint Sensibilität an sich ja erst einmal generell die Fähigkeit des Menschen, überhaupt nuancierter erfassen zu können. Dies nicht als Stärke zu begreifen, sondern, im Gegenteil, mit Eigenschaften wie “verweichlicht”, “mimosenhaft” oder gar “weibisch” negativ zu labeln bzw. damit sogar zu entwerten, ist aus meiner Perspektive vollkommen absurd! Zu sensibel und damit in den Augen nicht Weniger auch zu weich sein, bezieht sich dabei offensichtlich immer hauptsächlich auf den Grad an Fähigkeit eines Individuums für eine empfindsame(re) Wahrnehmung. Je feiner also jemand fühlt oder spürt, desto negativer wird es demjenigen angelastet. Und dieser jemand ist dann in der Mehrzahl der Fälle höchstwahrscheinlich auch männlich.
Woher kommt dieser Gedanke? Ist unsere psychische “Software” evolutionsbiologisch tatsächlich so programmiert, dass dem Mann nach wie vor die Verteidigung seines Stammes obliegt? Sollte er sich demnach ergo besser bloß nicht durch vermeintlich gefühlsduseligen Kram ablenken lassen, weil er sonst nicht nur den Kampf verlieren würde, sondern auch Gefahr liefe, seine Sippe einzubüßen?
Selbst wenn dem so sein sollte, so glaube ich, dass es auch immer Stammesmitglieder braucht(e), die den Angreifer früher bemerk(t)en als alle anderen mit weniger fein justierten Sinnen. Ihnen kam – und kommt – somit schon seit jeher eine beobachtende, ja warnende und lebensbewahrende, weil -rettende Schlüsselrolle zu. Und würden alle Menschen stets und ständig nur proaktiv angreifen, also niemand zurückhaltend über die Gesamtsituation reflektieren, würde uns als weltgemeinschaftlichem Kollektiv letztlich auch das ausgleichende, diplomatische Gegengewicht abhanden kommen.

Um die Funktionsweise neurodivergenter Wahrnehmung in ihrer ganzen Bandbreite nachvollziehen zu können, ist es meines Erachtens nach elementar, den Oberbegriff “Feinfühligkeit” grundsätzlich in A) Sensibilität und B) Sensitivität zu splitten.
A) Sensibilität meint einen intrapersonellen Vorgang und die sensuelle Perzeption der eigenen Körperlichkeit und deren Empfindsamkeit über die fünf Sinne. B) Sensitivität hingegen ist interpersonell ausgerichtet und bedeutet die Fähigkeit zu einer intuitiven Perzeption auf der zwischenmenschlichen Ebene, also etwa Stimmungen oder Schwingungen instinktiv, unmittelbar und direkt (auf)spüren zu können.
Da die Wahrnehmung neurodivergenter Menschen in aller Regel aber eben auch um einiges fein(sinnig)er ausgerichtet ist, spricht man bei ihnen spezifisch von Hochsensibilität und Hochsensitivität.

Eine Metapher, welche ich als Bilderdenker sehr gern nutze, um meine neurodivergente Wahrnehmung anschaulich zu beschreiben, ist jene der durchlöcherten Kaffeefiltertüte. Der eher perforierte Charakter des Abschirm-Mechanismus meines Nervensystems lässt häufig ganz gerne viele, für manche Situationen offensichtlich weniger essenzielle Informationen durch. Das Priorisieren fällt mir dann mitunter dementsprechend schwer (hier zeigt sich mein ADHS in seiner ganzen, sehr typischen Schönheit!). Wiederum fallen mir durch dieses sympathische kleine Feature Details auf, die ca. 80% der Menschen mit voll funktionstüchtigen, weil löcherfreien Filtern einfach nicht mitbekommen. Nicht selten hat es großes Erstaunen zur Folge, wenn ich meine präzisen Eindrücke mit anderen teile.
Das durch Löcher geprägte Kaffeefiltertüten-Gleichnis führt die Unterschiede innerhalb des Spektrums der menschlichen Perzeption mit einem Augenzwinkern gezielt auf die Grundfunktion des Nervensystem zurück. Es zeigt dadurch keine qualitativen, sondern rein quantitative Unterschiede auf. Die Begriffe Hochsensibel und hochsensitiv werden damit auf für mich angenehme Weise “entschärft”, weil sie so nur noch ein “Mehr-an” und nicht ein “Besser-als” meinen. Selbstverständlich ist eben niemand besser oder schlechter nur aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten – auch nicht durch eine außergewöhnliche Form der Wahrnehmung!

Auch ich nehme, wie gesagt, die Welt sowohl hochsensibel als auch hochsensitiv wahr. Ich höre, sehe, schmecke, rieche und fühle also extrem intensiv; registriere feinste Nuancen sowohl auf physischer Ebene bei mir selbst, als auch auf feinstofflicher Ebene bei und zwischen anderen. Auf visueller Ebene folgt daraus z.B., dass ich ein einmal gesehenes Gesicht immer wieder erkenne (– so gerne ich dieses in dem einen oder anderen Fall eventuell auch vergessen wollen würde!) Ein Online-Test hat sogar ergeben, dass ich mit an große Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Personenkreis der sogenannten “Super Recognizer” gehöre. Ich habe also ganz offiziell eine Art Superpower;) Ich vermute diese “hochaufgelöste” Wahrnehmung in HD bei mir auch auf der auditiven, der gustatorisch-sensorischen sowie der taktilen Sinnesebene.
Darüberhinaus scheint meine Wahrnehmung eine derart enorme Intensität auszuzeichnen, dass meine allerersten Erinnerungen zurückreichen bis in ein Alter, in dem ich offiziell eigentlich hätte noch überhaupt GAR NICHTS realisieren, geschweige denn reflektieren dürfen. Es sind einzelne Situationen, in denen ich als Baby etwas (scheinbar nachhaltig) Beindruckendes gesehen, gefühlt oder geschmeckt habe; Situationen, in denen ich als Kleinkind etwas getan habe, das mir besonders großen Spaß machte. Es waren dabei vor allem Materialien und Farben, die sich quasi in mein Bewusstsein eingebrannt haben und die ich mir bis heute, auf meine innere Leinwand projiziert, zurückholen kann: die angenehm runden Mulden meines roten Lieblingsförmchens bspw., die ich so gerne abtastete; das faszinierend leuchtende Rot der Folie eines Holzfensters aus dem Holzbaukasten, das besonders intensiv leuchtete, wenn ich es gegen das Licht hielt; oder wie toll es war, mit dem einen Knie auf der grünen Ladefläche meines gelben Spielzeug-Kipplasters hockend, “Gas gebend” mit dem anderen Bein über den riesigen Flur im Studentenwohnheim meiner Eltern zu flitzen. Ich erinnere mich an den Geschmack von Badewasser, das ich aus einem Frottee-Waschlappen lutschte oder an den seltsam süßlichen, kalt-britzelnden Effekt eines Schlüssels auf meiner Zunge; und noch an einiges mehr. An Dinge also, die man eben so tut in diesem Alter.
Entsprechend dieser außergewöhnlichen starken Erinnerungen, beschäftigt mich seit etlichen Jahren die grundsätzliche Frage, ob die Fähigkeiten der Hochsensitivität angeboren oder doch “nur” die Folge von Sozialisation und Erziehung, also erlernt sind? Ich habe mich darüber mit vielen Menschen ausgetauscht, mich belesen und über zahllose Podcasts und Videoformate Informationen gesammelt. Ich glaube inzwischen, dass es eine bestimmte hochsensiblen “Nährboden” braucht, auf dem sich die individuelle Wahrnehmung  im Laufe der Zeit entsprechend entwickeln kann, um seine Mitmenschen und die Stimmungen zwischen ihnen entsprechend feinsinnig wahrnehmen zu können. Aber die Prägung durch das nächste familiäre Umfeld tut erwiesenermaßen sein Übriges und ist quasi alles entscheidend. Wir sind letztlich empathische Wesen, die v.a. am Anfang ihres Lebens komplett darauf angewiesen sind, mit den sie aufziehenden Menschen in eine liebevoll-nährende und damit ihr Überleben sichernde Verbindung einzugehen. Auf Basis der von Stephen Porges entwickelten “Polyvagaltheorie” liefern Forschungen zum Thema soziale Bindung bzw. Verbundenheit grundlegende und faszinierende Erkenntnisse. Auf diese im Detail einzugehen, würde allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Mehr Informationen gibt es bspw. unter: https://polyvagal-akademie.com

Im Spätsommer 2024 lernte ich bei einer Recherche innerhalb meines (natürlich in großen Teilen neurodivergenten;) Netzwerks einen weiteren, für mich bis dahin neuen und eindrucksvoll erhellenden Begriff kennen: Multipotentialite(3). Ich hatte viele Jahre zuvor für mich selbst den Neologismus “hochfrequent-nichlinear” erfunden, um mich in meiner Daseins- und Denkweise für andere Menschen greifbar(er) machen zu können. Dieses zusammengesetzte Wort beschrieb meines Erachtens nach sehr gut, dass ich meinen Geist permanentermaßen auf hochtourige Weise als neugierig aufnehmend erlebe und, dass ich, anders als neurotypische Menschen, vermeintlich weniger geradlinig denke. Das Selbstverständnis der Multipotentialites schien all dies auch sehr gut auszudrücken, war darüber hinaus aber deutlich weniger sperrig und auch noch international verständlich – ein enormer Vorteil für mich als Fan von globaler Netzwerk-Arbeit!
(3) https://puttylike.com/
Passend zur Ruhe- und Rastlosigkeit eines Bilderbuch-Multipotentialites, glichen mein Leben, und damit eng verknüpft auch meine bisherige berufliche Laufbahn, bis zu meiner selbst gewählten Auszeit einer einigermaßen wilden Achterbahnfahrt, garniert mit dem einen oder anderen dreifachen Looping: Jahre der Selbstständigkeit als Grafik- und Produktgestalter wechselten sich ab mit Jahren aus Jobs in festen, teilweise vermeintlich absolut artfremden Projekten und unterschiedlichsten Teams. Dabei versuchte ich immer auch die Balance zu finden zwischen der Arbeit im gestalterischen und der Arbeit im sozialen Bereich. Als Legitimation für Letztere habe ich in Ergänzung zu meinem Traumberuf des Diplom-Designers zwei zusätzliche Abschlüsse absolviert. Erst die Summe aller drei Aus- bzw. Weiterbildungen ergab ein – für mich inzwischen absolut – schlüssiges Gesamtbild meiner beruflichen Identität: Ich bin Designer & Künstler (vice versa) sowie Lern-, Genesungs- & Prozessbegleiter, Dozent und Experte für Neurodivergenz. Erst all diese Bereiche zusammen bilden insgesamt das ab, was ich als interdisziplinär denkender und handelnder Mensch, auf professioneller Ebene künftig gestalterisch-vermittelnd in diese Welt bringen möchte.

Bezüglich meiner Wahrnehmung habe ich, wie bereits angedeutet, speziell während meiner Kindheit und Jugend, vereinzelt sogar als bereits Erwachsener, einiges an (direkter sowie indirekter, mehr oder weniger unbewusster) Entwertung bzw. zahlreiche Versuche des konkreten Infragestellens meiner Gefühls- und Gedankenwelt erfahren müssen. Auch dies trug dazu bei, dass sich Glaubenssätze in mir bildeten und festsetzten, welche die erlernten, negativen Inhalte mantraartig wiederholten und so, über Jahre und Jahrzehnte, manifestierten. Ein tosender, innerer Kritiker wurde schließlich zu meinem Feind. Schon als sehr junger Mensch tauchte ich zeitweise ein in den hoffnungs- und lichtlosen Zustand der Depression. Sie kam seitdem in Wellen zurück; mal mit weniger, mal mit mehr destruktiver Kraft. Kompensationsstrategien stützten mich über einen langen Zeitraum und gaben mir Halt, ließen mich jedoch auch zunehmend einsam fühlen. Erst ein selbst verordneter Mix aus Selbsthilfe- und Therapiegruppen, das aufschlussreiche Selbststudium psychologischer sowie wissenschaftlicher Inhalte, aber auch die im letzten Absatz erwähnten immens wichtigen beruflichen Erfahrungen, haben mich im Laufe der vergangenen 17 Jahre gestärkt.
In dieser überaus prägenden Zeit habe ich viel und hart an meinen zentralen Themen und mir gearbeitet. Der Fokus lag dabei v.a., wie beschrieben, auf den hochkomplexen Themenfeldern Hochsensibilität/Hochsensitivität sowie ADHS, aber auch auf  Familie(nsystem) und (intergenerationale) Trauma(ta). Diesen Umstand auszusparen, auszublenden oder gar zu verstecken, stünde gegen alles, was ich seitdem lernen durfte. Daher benenne ich diese hier konkret. Integration bedeutet für mich, auch unbequeme Wahrheiten der eigenen Biografie zu erkennen, diese anzunehmen, sie als Antrieb gebende Kraft zur Neuausrichtung der persönlichen Innenwelt wertzuschätzen und ihnen so einen besonderen Stellenwert einzuräumen.
Eine berufliche Auszeit, welche, optimal genutzt, final Gesundheit und Wohlbefinden dient bzw. fördert, sollte daher meiner Meinung nach auch einen gut sichtbaren Platz in der eigenen Vita erhalten dürfen. Und das komplett ohne ein latent merkwürdiges Gefühl, sondern mit entsprechender Haltung. Denn wieso sollten immer nur ausschließlich “normal” frequente Menschen mit kerzengeraden Lebensläufen ihre Geschichte erzählen? Der Ansatz der friedlichen Koexistenz, auf der Basis von Würde, Respekt und Toleranz, ermöglicht lebendige Diversität und somit problemlos mindestens beides – oder eben noch viel mehr. <3



About (my perspective on) Neurodivergence or: High-frequency nonlinear or also: Holes in the coffee filter bag

It is February 2025. On the 29th of this month in the last (leap) year, my contract with my last employer ended and just four days later I began a five-week psychosomatic rehab in Bad Segeberg. Since then, I have been in a personal process of résumé and reorientation - or a kind of return to myself. The status of my LinkedIn profile is therefore currently "March 2024 - Today: Health and well-being/Career break". At the heart of this holistic process is the phenomenon of neurodivergence. The term describes a concept that views neurobiological, i.e. nervous system-based, differences between people as individual, respects them and classifies them within a spectrum.(1) It is opposed to the term neurotypical, which in turn refers to people whose neurobiological development is considered “normal”.(2) In general, one can say that neurodivergent people perceive the world in a slightly different way than neurotypical people.
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Neurodiversität
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Neurotypisch

Compared to most other people, my perception via my five senses has always seemed to be a bit more sensitive and therefore more intense. I have also always had a very keen sense of the mood of or between people. And the way I think has always been anything but exclusively straightforward.
What I now express so clearly and understand as a strength was something I found difficult to recognize, let alone appreciate, in earlier years. For a long time, as a male-identified person, being sensitive was something I was ashamed of and therefore associated with a major stigma. Consequently, neurodivergence is of enormous value to me as an explanatory model. It makes me feel that my decades-long path to research and knowledge has finally been absolutely confirmed and strengthened, also on the basis of scientific facts. Since individual perception in all its facets is ultimately due to the highly complex functioning of the human nervous system, I can now explain my behavior, which for a long time was sometimes puzzlingly special to me, in a clear and coherent way - and as a result I finally no longer feel strange. Or to put it in the words of bestselling author Verena König: "Everything you feel makes sense."

I would very much like to use my experiences and insights to share them with others and, ideally as a community, to develop something beautiful and healing from them and bring it into the world. Since I believe in the effective power of positive images, art, in its many different forms, could be a wonderful, approachable and inspiring mediator.
The following text is intended to be a start. In it, I would like to describe or explain – ideally in an interesting and easy-to-understand way – what it is like to perceive the world from (my) neurodivergent perspective. It is a first for me as the author of such personal content, which is now also publicly accessible and thus subject to the possibility of evaluation. Accordingly, I am a little bit nervous. But what could possibly go wrong? Now, after all the lengthy detective work, the second part of my extremely exciting journey begins, which is certainly more lively because it is increasingly determined by interpersonal exchange!


As already mentioned, the nervous system is of immense importance and central importance for understanding neurodivergent perception. It is the basis of all human perception. In its basic functions, a distinction is made between the somatic nervous system, which controls the conscious body functions, such as conscious movements, and the vegetative nervous system (or autonomic nervous system), which controls the unconscious body functions, such as the heartbeat.
https://flexikon.doccheck.com/de/Nervensystem

Being sensitive or delicate about something or someone is generally seen as a weakness in our (western) culture. Sensitivity in general means the human ability to perceive things in a more nuanced way. Not to see this as a strength, but on the contrary to label this negatively with characteristics such as "effeminate", "sensitive" or even "effeminate" or even to devalue it, is completely absurd from my perspective! Being too sensitive and therefore, in the eyes of many, too soft, obviously always refers mainly to an individual's degree of ability for sensitive perception. The more finely someone feels or senses, the more negatively it is attributed to them. And in the majority of cases, this someone is most likely male.
Where does this idea come from? Is our psychological "software" really programmed in evolutionary terms in such a way that men are still responsible for defending their tribe?
Should he therefore not allow himself to be distracted by supposedly sentimental nonsense, because otherwise he would not only lose the fight, but also run the risk of losing his clan? Even if that were the case, I believe that there is always a need for tribe members who notice the attacker earlier than everyone else with less finely tuned senses. They have always played - and continue to play - a key role in observing, even warning, and preserving and saving lives. And if everyone were to constantly attack proactively, and if no one were to reflect cautiously on the overall situation, we as a global collective would ultimately lose the balancing, diplomatic counterweight.

In order to understand the full range of how neurodivergent perception works, I believe it is essential to split the general term “sensitivity” into A) sensitivity and B) sensibility. A) Sensitivity refers to an intrapersonal process and the sensual perception of one’s own physicality and its sensitivity via the five senses. B) Sensitivity, on the other hand, is interpersonally oriented and means the ability to perceive intuitively on an interpersonal level, for example to be able to sense moods or vibrations instinctively, immediately and directly.
Since the perception of neurodivergent people is generally much more subtle, they are specifically referred to as highly sensible and highly sensitive.

A metaphor that I like to use as a visual thinker to vividly describe my neurodivergent perception is that of the perforated coffee filter bag. The rather perforated nature of the shielding mechanism of my nervous system often lets through a lot of information that is obviously less essential for some situations. This makes it difficult for me to prioritize (this is where my ADHD shows itself in all its typical beauty!). Again, this nice little feature helps me notice details that around 80% of people with fully functional filters without holes simply don't notice. It often results in great astonishment when I share my precise impressions with others.
The coffee filter bag analogy, characterized by holes, traces the differences within the spectrum of human perception back to the basic function of the nervous system with a wink. It therefore shows no qualitative, but purely quantitative differences. The terms highly sensitive and hypersensitive are thus "defused" in a way that I find pleasant, because they now only mean "more than" and not "better than". Of course, no one is better or worse just because of their special abilities - not even because of an unusual form of perception!

As I said, I also perceive the world in a highly sensitive and hypersensitive way. I hear, see, taste, smell and feel extremely intensely; I register the finest nuances both on a physical level in myself and on a subtle level in and between others. On a visual level, this means, for example, that I always recognize a face I have seen once (- as much as I might want to forget it in one case or another!). An online test even showed that I almost certainly belong to the group of people known as "super recognizers". So I officially have some kind of superpower;) I suspect that this "high-resolution" perception in HD also applies to me on an auditory, gustatory-sensory and tactile sensory level.
Furthermore, my perception seems to be characterized by such enormous intensity that my very first memories go back to an age when I officially shouldn’t have been able to realize ANYTHING AT ALL, let alone reflect on it. They are individual situations in which I saw, felt or tasted something (seemingly lasting) impressive as a baby; situations in which I did something as a toddler that I particularly enjoyed. It was above all materials and colors that have burned themselves into my consciousness and that I can still recall today, projected onto my inner screen: the pleasantly round hollows of my favorite red mold, for example, which I loved to touch; the fascinatingly bright red of the foil on a wooden window from the wooden construction kit, which glowed particularly intensely when I held it up to the light; or how great it was to squat with one knee on the green loading area of ​​my yellow toy dump truck and “step on the gas” with the other leg as I whizzed across the huge hallway of my parent’s student dorm. I remember the taste of bath water sucked from a terrycloth washcloth, or the strangely sweet, cold, sizzling effect of a key on my tongue, and a lot more. Things you do at that age.
In keeping with these extraordinarily strong memories, I have been wondering for years whether highly sensitive abilities are innate or "just" the result of socialization and upbringing, i.e. learned? I have spoken to many people about this, read up on it, and gathered information from countless podcasts and video formats. I now believe that a certain highly sensitive "breeding ground" is needed on which individual perception can develop over time in order to be able to perceive one's fellow human beings and the moods between them with appropriate sensitivity. But the influence of one's immediate family environment has been proven to do the rest and is basically all-important. Ultimately, we are empathic beings who, especially at the beginning of our lives, are completely dependent on entering into a loving, nurturing bond with the people who raise us, which ensures our survival. Based on the "polyvagal theory" developed by Stephen Porges, research into social bonds and connectedness provides fundamental and fascinating insights. Going into this in detail would go beyond the scope of this article. More information is available at: https://polyvagal-akademie.com

In late summer 2024, while doing research within my (of course largely neurodivergent;) network, I learned another term that was new to me and impressively illuminating: multipotentialite(3). Many years earlier, I had invented the neologism “high-frequency nonlinear” for myself in order to make my way of being and thinking more tangible for other people. In my opinion, this compound word described very well that I constantly experience my mind as being curious and receptive at high speed and that, unlike neurotypical people, I supposedly think less linearly. The self-image of multipotentialites also seemed to express all of this very well, but was also much less cumbersome and also internationally understandable - an enormous advantage for me as a fan of global network work!
(3) https://puttylike.com/
In keeping with the restlessness of a textbook multipotentialite, my life and, closely linked to it, my professional career to date, up until my self-imposed time off, were like a wild rollercoaster ride, garnished with the odd triple loop: years of self-employment as a graphic and product designer alternated with years of jobs in permanent, sometimes seemingly completely unrelated projects and in a wide variety of teams. I always tried to find a balance between working in the design sector and working in the social sector. To legitimize the latter, I completed two additional degrees in addition to my dream job as a qualified designer. Only the sum of all three training courses and further education courses resulted in a - for me now absolutely - coherent overall picture of my professional identity: I am a designer & artist (vice versa) as well as a learning, recovery & process facilitator, lecturer and expert in neurodivergence. Only all of these areas together reflect what I, as an interdisciplinary thinker and actor, would like to bring into this world in a creative and mediating way on a professional level in the future.

Regarding my perception, as already mentioned, especially during my childhood and youth, and occasionally even as an adult, I have had to experience a certain amount of (direct and indirect, more or less unconscious) devaluation and numerous attempts to specifically question my emotional and thought world. This also contributed to the formation and establishment of beliefs within me which repeated the learned negative content like a mantra and thus manifested it over years and decades. A raging inner critic eventually became my enemy. Even as a very young person, I occasionally plunged into the hopeless and lightless state of depression. Since then, it has come back in waves, sometimes with less, sometimes with more destructive power. Compensation strategies supported me over a long period of time and gave me stability, but they also made me feel increasingly lonely. Only a self-prescribed mix of self-help and therapy groups, the insightful self-study of psychological and scientific content, but also the immensely important professional experiences mentioned in the last paragraph, have strengthened me over the past 17 years.
During this extremely formative time, I worked a lot and hard on my central issues and myself. The focus was mainly, as described, on the highly complex topics of high sensitivity/hypersensitivity and ADHD, but also on family (system) and (intergenerational) trauma(ta). To ignore, ignore or even hide this fact would go against everything I have been able to learn since then. That is why I am naming them specifically here. For me, integration means recognizing uncomfortable truths in one's own biography, accepting them, appreciating them as a driving force for reorienting one's personal inner world and thus giving them a special status.
In my opinion, a career break which, when used optimally, ultimately serves or promotes health and well-being should also be given a clearly visible place in one's CV. And this without any latent strange feeling, but with the appropriate attitude. Because why should only "normal" people with perfectly straight CVs tell their story? The approach of peaceful coexistence, based on dignity, respect and tolerance, enables lively diversity and thus at least both - or even much more. <3

 

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© Dipl.-Designer Christian Jammrath. Alle Rechte vorbehalten. / All rights reserved.

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